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Feedback – Gewinnen durch reflektierte Dialogkultur

  • Autorenbild: Bei Bei Yu
    Bei Bei Yu
  • 1. Okt. 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 15. Sept. 2024

Feedback ist aus dem Geschäftsleben nicht wegzudenken: Kundenrezensionen auf Google, Performance-Reviews mit Mitarbeitenden, Sprint-Retrospektiven in agilen Teams – Feedback begegnet uns überall. Und dabei kommt es in verschiedenen Gestalten daher: mal als überraschender Geist, der uns vor Schreck erstarren lässt, mal als freundliche Begleitung, die uns sanft auf den richtigen Weg führt. Oft sind es nur Nuancen – Stimmlage, Blick –, die entscheiden, wie Feedback auf seine Empfänger*innen wirkt. Daher benötigen Unternehmen eine ausgereifte Feedbackkultur. Doch das ist längst nicht der einzige Grund: Auch Feedback-Gebende profitieren von einer gelungen Kommunikation. Denn sie geben viel über sich preis – etwa über ihre Werte. Und genau die brauchen wir zum Erfolg.


Feedbackkultur ist wichtig
Illustration by Dovile Kietzmann www.dovile.de

Die Kunst des konstruktiven Feedbacks

Konstruktives Feedback sollte immer Teil der Unternehmenskultur sein und konsequent angewendet werden. In ähnlicher Form, wie wir uns täglich die Hände waschen, können wir auch psychologische Hygiene betreiben. Dabei praktizieren wir routinemäßig – ohne weiter darüber nachzudenken – respektvolle Verhaltensweisen wie etwa konstruktives Feedback.


Die Frage, wie konstruktives (und effektives) Feedback funktioniert, ist Gegenstand von zahlreichen Büchern und Artikeln und muss hier nicht im Detail wiederholt werden. Denn der Kernpunkt meiner Ausführungen zielt auf den Aspekt der Werte-Kommunikation, die in jedem Feedback mitschwingt. Doch auf ein Kommunikationsmodell werde ich gezielt eingehen, weil es in vielen Ratgebern zitiert wird und einige interessante Gedanken freilegt.


Friedemann Schulz von Thun: Die vier Ebenen einer Nachricht

Das Vier-Seiten-Modell von Friedemann Schulz-von-Thun ist mittlerweile in den Kanon der Kommunikationspsychologie eingegangen. Selbstverständlich gibt es dazu Erweiterungen und Kritik. Und wie jedes andere Modell ist es ein Gedankenkonstrukt, das nicht immer alle Facetten der Alltagsrealität abbildet, aber dennoch unseren Blick für unbewusste Abläufe schärft. 


Schulz von Thun richtet sein Augenmerk auf die verschiedenen Ebenen, auf denen eine Nachricht beim Senden oder Empfangen verstanden werden kann. Er identifiziert vier Ebenen, indem er davon ausgeht, dass eine Nachricht auf ihre sachliche Information, auf die sendende Person, die empfangende Person und auf deren Beziehung bezogen werden kann. In diesem Sinne nennen sich die Ebenen: Sach-, Selbstkundgabe-, Appell- und Beziehungsebene.


So gibt es mehrere Möglichkeiten, die folgende Aussage einer fiktiven Kollegin zu verstehen:

„Am Ende ist jeder für seine Arbeitsresultate selbst verantwortlich.“

  • Das Sachthema der Nachricht ist Eigenverantwortung im Berufsalltag.

  • Möglicherweise will die Senderin aber auch als Selbstauskunft andeuten, dass sie sich alleingelassen fühlt.

  • Als Appell ließe sich der Satz genau umgekehrt als „Misch dich nicht ein!“ verstehen.

  • Und auf der Beziehungsebene könnte man eine harsche Absage an ein kollegiales Miteinander erkennen.

So schnell können Kränkungen und Missverständnisse entstehen. Für konstruktives Feedback hilft es daher, auf allen vier Ebenen klar zu kommunizieren.


Um im Beispiel zu bleiben, wäre denkbar, auf die oben analysierte Aussage zu antworten:

„Ich möchte deine Aussage aufgreifen:

  • Du sagst, jeder sei für seine Arbeitsergebnisse alleine zuständig (=Sachebene).

  • Das hat bei mir den Eindruck hinterlassen, als würde jeder für sich kämpfen – ohne Unterstützung im Team.

  • Mich hat die Aussage irritiert (=Selbstauskunft).

  • Denn nach meiner Ansicht sind wir gemeinsam als Team verantwortlich und arbeiten partnerschaftlich zusammen (=Appellebene).

Ist mein Eindruck, korrekt?“ 


Für die Beziehungsebene ist es wichtig, dass der Feedbackgeber auf Augenhöhe kommuniziert.

Diese Art von Feedback ist konstruktiv, weil alle vier Ebenen berücksichtigt werden. Darüber hinaus arbeitet der Feedbackgeber stark mit Ich-Botschaften: „Mich hat irritiert....“ statt „Du hast...“ – Auf diese Weise kann eine kränkungsfreie Kommunikation entstehen, die die psychologische Sicherheit in der Arbeitsumgebung erhöht. 


Welchen Mehrwert bietet konstruktives Feedback?

Nach dem Exkurs zum Kommunikationsquadrat stellt sich nun vielleicht in vielen Köpfen die Frage: Warum dieser Aufwand? Und ist konstruktives Feedback eigentlich notwendig? Sicherlich haben viele Leser*innen Führungsstile erlebt, bei denen es hieß: „Nicht geschimpft ist genug gelobt!“ Und vielleicht ist trotzdem produktiv gearbeitet worden. Doch in der heutigen VUCA-Welt* funktionieren die „alten Tricks“ der klassischen Chef-Ansagen nicht mehr. Und das liegt nicht daran, dass wir im Fachkräftemangel um das Wohlwollen von raren Spezialist*innen und mutmaßlich wählerischen Millennials ringen. 


Was uns den Erfolg in volatilen Märkten und und komplexem Wettbewerb sichert, ist, sich mit klaren Werten zu positionieren. In unserer sich schnell verändernden Realität drängt sich mehr als je zuvor die Frage auf, wie die Welt von morgen aussehen wird. Nach und nach kehren sich Unternehmen vom rein profit-orientiertem Handeln ab und suchen nach Geschäftsmodellen, die einen „Mehr-Wert“ für die (Welt-)Gemeinschaft schaffen sollen. Als Beispiele solcher Firmen lassen sich Patagonia oder Einhorn nennen, die natürlich nur einen kleinen Teil eines umdenkenden Entrepreneurships repräsentieren. Die Werte, für die wir stehen, sollten daher in unser tägliches Handeln einfließen – und damit auch in unser Feedback.


Ein Feedback ist die Möglichkeit / eine Einladung ins Lernen zu kommen, die eigene Komfortzone zu verlassen.


PS: Interessiert dich das Thema "Komfortzone verlassen"? Dazu erfährst du mehr in diesem Artikel.


*VUCA steht für die englischen Begriffe volatile (volatil), uncertain (unsicher), complex (komplex) und ambiguous (mehrdeutig). Damit ist grosso modo die Fragilität klassischer Geschäftsmodelle (z.B. Kodak), der plötzliche Erfolg neuer Player (z.B. Uber) und die Unberechenbarkeit der Märkte gemeint.

 
 
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